Beelitz, den 30.06.2014 - (Eine freundliche Textübernahme von www.beelitz.de)
So ungefähr muss es vor Jahrhunderten ausgesehen haben – in Ollmütz, bei Jena und Auerstedt oder Gettysburg: Die Artillerie hat im Morgengrauen Stellung bezogen, die Männer sind angespannt. Ist die Pulverladung richtig bemessen? Ist das Rohr korrekt ausgerichtet? Mit dem Feuerbefehl wird nacheinander gezündet. Blitze zucken aus den Mündungen und schieben Rohre und Protzen nach hinten, während die Kugeln mit einem Donnergrollen herausgeschleudert werden. Danach nur noch Stille – und dichter weißer Qualm, der Männer wie Kanonen vollständig einhüllt.
In solchen Momenten wurde Geschichte geschrieben, hat man Landkarten neu gezeichnet, gelangten die einen zu Ruhm, während die anderen ihr Leben ließen. Die Faszination daran lässt noch heute vor allem Männeraugen leuchten. Zum 15. Vorderladerkanonen-Schießen waren am Wochenende knapp 20 Geschützmannschaften aus ganz Deutschland nach Beelitz gekommen.
Zum ersten Mal nach fünfjähriger Pause veranstaltete der Beelitzer Carnevalclub wieder das Spektakel - immerhin hatten die langjährigen „Verbündeten“ schon seit geraumer Zeit mit den Füßen geschart. Und auch die eigene Kanone „Donnerschlag“ hatte - bis auf wenige Einsätze zum Rathaussturm am elften Elften - schon lange geschwiegen. Den weitesten Weg hatte eine „Batterie“ aus Emden zurückgelegt. Bereits am Freitagabend wurde das Lager auf der Festwiese an der Nieplitz aufgeschlagen – stilecht mit weißen Zelten um eine Feuerstelle. Mit einem Salut von Dutzenden Schüssen wurde das Wochenende „eingeböllert“ – bevor es am nächsten Tag ins Gefecht ging.
Es ist eine bunt zusammen gewürfelte Mannschaft, die hier am Samstag auf dem Truppenübungsplatz zwischen Brück und Lehnin angetreten ist. Man sieht preußische Uniformen mehrerer Dekaden, sächsische und sogar amerikanische. Die Familien Breitner und Juckel aus Düsseldorf und Berlin tragen die weiß-gelben Gewänder der Bürgermiliz von South Carolina im Unabhängigkeitskrieg. Genäht haben sie die Frauen – die mit an vorderster Front stehen. „Wenn man die eigene Frau für sein Hobby begeistern kann, geht es doch gar nicht besser“, sagt Richtschütze Ralf Juckel. Er bedient eine leichte Feldhaubitze, angefertigt nach einem französischen Modell, welches früher gegen Infanterie eingesetzt wurde.
Gegossen hat die Kanone Lothar Breitner – er hatte mal in einer Buntmetallgießerei gearbeitet, erzählt er. „Wir haben solche Kanonen mal in Holland gesehen, seitdem wollte ich ausprobieren, wie so etwas funktioniert.“ Die beiden Familien sind seit über 20 Jahren begeisterte Kanonenschützen – wobei sie stark um Authentizität bemüht sind und auch die grausamen Seiten früherer Gefechte nicht ausblenden. „Die Waffen damals haben schreckliche Verletzungen angerichtet, heute kann man sich das kaum noch vorstellen“, erklärt Ralf Juckel. Gleichwohl hat die mitgereiste Kanone einen Namen – und eine Geschichte. Die „weiße Wolke“ ist zum ersten Vorderladerkanonenschießen vor 20 Jahren in Beelitz getauft und das erste Mal abgefeuert worden.
Nachdem die knapp 20 Geschützmannschaften – sie gehören Schützengilden, Traditions- oder Karnevalsvereinen an - ihre Rohre warm geschossen haben, geht es nun ans Wertungsschießen: Über eine Entfernung von hundert Meter gilt es, die Kugel auf einer Zielscheibe ins Schwarze zu bringen. Es ist erstaunlich, wie präzise manche Artilleristen dabei zielen und treffen können. Zwischendurch muss immer wieder mal angehalten werden, weil das Gras auf der Schießbahn durch Mündungsfeuer in Brand gerät. Ein weiterer Effekt der Geschütze: Ihre Druckwelle ist mitunter so gewaltig, dass die Alarmanlage eines zweihundert Meter weiter geparkten Autos los geht. Spätestens der Kanonendonner gibt eine ungefähre Vorstellung davon, wie es zuging, damals nachdem die Schlacht begonnen hatte.
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http://www.beelitz.de/news/1/243988/nachrichten/donnerschlag-und-weiße-wolken.html